Pröll über Sauerzopf

Sein Atelier ist eigentlich das Auto. Damit fährt er auf einem Feldweg im ersten Gang mit schleifender Kupplung einem Kuhwagen nach und zeichnet ihn, viermal, fünfmal. Oder er parkt am Rand eines Ackers und skizziert unbemerkt die häunlende Bäuerin mehrmals nebeneinander auf dem Blatt, flink, ja hastig, und doch so charakteristisch, daß man, wenn man den Blick von links nach rechts gleiten läßt, das ärger werdende Kreuzweh der Frau spürt.

Die „Horizonte“ entstehen hingegen meist im Zug oder im Autobus. Dabei genügt ihm ein kurzer, scharfer Blick aus dem Fenster, und schon ist die vorbeihuschende Szenerie „aufgenommen“; sie wird vor seinem inneren Auge in Windeseile aller Nebensächlichkeiten entblößt und kommt auch schon in ihrer Substanz aus dem Handgelenk.

Im Kaffeehaus, im Gasthaus kommen seine Portraits zustande, und das in einem Tempo, daß die Zigarre des Helmut Andics nach drei Zeichnungen kaum kürzer geworden ist. Die Illustrationen schließlich, etwa zu Texten über die Mogersdorfer Türkenschlacht, entstehen in der Hauptschule von Jennersdorf, dort, wo Eduard Sauerzopf bezeichnenderweise Zeichnen und Kurzschrift unterrichtet.

Die eigene Wohnung ist dem Rastlosen in erster Linie Lagerraum. Dort sind Dutzende Blocks und Tausende von Blättern gestapelt, die nur aus ihrer Ruhe gescheucht werden, wenn eine Ausstellung vorzubereiten ist. Der Zeichner Sauerzopf arbeitet wie ein Komponist, der stundenlange Klavier-Improvisationen auf Band festhält, damit er sich nachher die besten Stellen heraussuchen kann. Alles andere ist notwendige Etüde.

Eduard Sauerzopf hat sich in den letzten Jahren freigezeichnet. Er hat zu einem unverkennbar persönlichen, in der vermeintlichen Hast sicheren Strich gefunden, zu einem eigenen Stil des graphischen Sezzierens, der das Wesen der Dinge sichtbar macht. Der Zeichenlehrer ist zum schöpferischen Zeichner geworden.

(Gottfried Pröll, Einladung zur Sauerzopf-Ausstellung „Burgenländische Zeichnungen“ im Kulturzentrum Güssing, Jänner 1978)